[Original erschienen unter https://runtervondermatte.noblogs.org/rueckblick-und-auswertung-des-kampfsportturniers-kampf-der-nibelungen-auf-dem-neonazi-festival-schild-schwert-am-21-04-2018 ]
Im Vorhinein des Turniers des „Kampf der Nibelungen“ (KdN) auf dem im ostsächsischen Ostritz ausgerichteten „Schild & Schwert-Festival“, war sich die extrem rechte Szene nicht eins, ob Kampfsport und RechtsRock zusammen funktionieren kann.
Die sich elitär gebende Neonazi-Partei „Der III.Weg“ beispielsweise distanzierte sich intern schon Wochen vor der Veranstaltung von selbiger, wohl im Hinblick auf das zu erwartende negative Bild des „Suff-Nazis“. Gegen ein solches Bild hatte sich die Partei schon nach dem „Rock gegen Überfremdung II“ im Juli 2017 in Themar ausgiebig ausgesprochen.
Auch die Verantwortlichen des KdN waren sich nicht sicher, ob sie Teil eines solchen Events sein wollen, verlautbarten jedoch in den sozialen Netzwerken, dass man „zusammen stehen“ müsse, damit die „Volksgemeinschaft funktionieren“ könne.
Im Rückblick auf das Turnier stellen wir erneut fest, dass sich Events wie der KdN immer mehr professionalisieren und in ihrer Struktur an Zuwachs gewinnen. Neben den seit Jahren involvierten Neonazi-Kampfsportmarken „White Rex“, „Greifvogel Wear“, „Black Legion“, „Sport Frei“ und „Pride France“ kamen nicht nur neue Marken wie „Blutzoll“ dazu, sondern auch Labels und Produktionen aus der RechtsRock-Szene, wie etwa „Wewelsburg Records“. Mit den Köpfen hinter diesem Geschäftszweigen gewann die Struktur zudem an Personen aus den Reihen der Neonazi-Bruderschaft „Hammerskins“. Diese schickte auch internationale Vertreter nach Ostritz um im Rahmen des KdN Aufgaben zu übernehmen.
Die enge Bindung des KdN zur extrem rechten Kleinstpartei „Die Rechte“, sowie zu Gruppen aus der „NS-Straight Edge“-Szene war abermals zu verzeichnen, während neue rechte Gruppen wie das „Rise Above Movement“ aus den USA zum ersten Mal an dem Event teilnahmen. Eine Expansion und weltweite Vernetzung wird auch dadurch ersichtlich.
Im Ring traten mehrheitlich Kämpfer der internationalen Neonazi-Kampfsportszene gegeneinander an: Neonazis aus Trainingsgruppen in Norddeutschland, jüngere Protagonisten aus der rechten Hooliganszene der Schweiz, bekannte Neonazis mit eigenen Gyms in Thüringen und „Stars“ der extremen Rechten aus Frankreich.
Bisher unbekannt war hingegen die Teilnahme von Kämpfern aus der Hooligan- und Neonaziszene Zwickaus, der älteren rechten Hooliganszene Österreichs sowie aus den Reihen des Nachwuchs der rechten Kampfsportszene Tschechiens. Mit zwei Kämpfern der militanten amerikanischen „Alt-Right-Bewegung“ schuf der KdN außerdem ein Novum, im Hinblick auf die internationale Beteiligung.
Vereinendes Element aller Kämpfer in Ostritz ist nicht nur der Bezug zu extrem rechten Hooligangruppen, sondern vor allem zu organisierten, militanten Netzwerken der Neonaziszene.
Den Neonazis geht es nicht um den sportlich fairen Wettkampf, sondern um den Ausbau wehrhafter Strukturen im Kampf für „Volk, Rasse und Nation“. „Wehrsport“ statt Kampfsport, wie wir bereits mehrfach in anderen Artikeln resümierten.
Alle Kämpfer werden und wurden zudem in lokalen Vereinen trainiert. Einige bestritten sogar Amateur-und Profikämpfe. Der Trend hin zum Aufbau eigener Gyms und Trainingsgruppen, mit dem Wissen und Potential welches aus nicht-rechten Vereinen erlangt werden kann, bestätigte sich im Hinblick auf die anwesenden Kämpfer und Teams erneut.
Im Folgenden wollen wir einen genauen Blick auf die angetretenen Kämpfer werfen und die Struktur hinter dem Turnier in Ostritz erläutern. Wir sind uns dabei bewusst, dass dieser Einblick besonders in Bezug auf die Kämpfer nicht vollständig ist. So reisten einige der Kämpfer mit Bedacht an, nicht erkannt zu werden, auch wenn die Chance anonym zu bleiben auf solchen Großevents nicht sonderlich groß ist.
Das Turnier mit zehn angesetzten Kämpfen fand am Nachmittag des zweiten Festivaltages, am 21. April statt. Austragungsort war eine der drei größeren Hallen, die auf dem Gelände des „Hotel Neisseblick“ stehen. Laut eigenen Angaben befanden sich bis zu 400 Neonazis im Publikum. Das Festival selbst wurde am Samstag von rund 1 500 Neonazis besucht.
Die Kämpfer reisten teilweise schon am Vortag an und waren in den umliegenden Städten und Dörfern in Pensionen untergebracht. Als Pokale für die teilnehmenden Kämpfer dienten täuschend echt wirkende Stielhandgranaten, die mit gravierten Plaketten versehen waren.
Die Dortmund-Connection
Der bekannte Dortmunder Neonazi Alexander Deptolla gehörte vor Ort zum inneren Kreis der KdN-Struktur. Seine ständige Nähe zu Thorsten Heise, dem Veranstalter des Festivals, sowie das Tragen des „Schild & Schwert-Mannschaft“-T-Shirts am Vortag des Turniers lässt den Schluss zu, dass Deptolla in der Festivalstruktur als Ansprechperson für den KdN fungierte. Deptolla war auch im Rahmen der Presse-Begehung eng an der Seite Heises zu sehen und betreute den Verkaufsstand des KdN. Deptollas langjähriger Mitstreiter in Dortmund, der stellvertretende Vorsitzende der Partei „Die Rechte“ Christoph Drewer, war in Ostritz ebenfalls vor Ort. Drewers Partei war schließlich in das politische Rahmenprogramm eingebunden, während Drewer selbst zum KdN-Team zählt – sowohl strukturell als auch in der Vergangenheit als Kämpfer auf den Events.
Sein in Ostritz stolz zur Schau getragenes T-Shirt des „NS-Fightclub Bulgarien“ dürfte er von seiner Reise im März 2018 mitgebracht haben. Bilder in den sozialen Netzwerken zeigen ihn als Kämpfer des „Team Kampf der Nibelungen“ in den Räumlichkeiten der extrem rechten Trainingsgruppe in Bulgarien. Anlass für den Besuch Drewers sowie weiterer deutschen Neonazis war der seit 2003 alljährlich stattfindende faschistische „Lukov Marsch“ in Sofia.
Schon 2017 nahmen VertreterInnen des „Kampf der Nibelungen“ und der Partei „Die Rechte“ an dem Aufmarsch teil, darunter Alexander Deptolla und KdN-Sponsor Henrik Ostendorf aus Bremen.
Neonazi-Versände und „Hammerskins“
In Ostritz war am Verkaufstand des „Kampf der Nibelungen“, neben Deptolla, auch Nils Budig aus dem niedersächsischen Leer zu finden. Dass er das für den Orga-Kreis vorgesehene „Team“-T-Shirt des KdN trug, verweist auf eine strukturelle Einbindung Budigs in den KdN. Er ist seit einer Weile nicht nur häufiger mit den Dortmunder Neonazis auf Aufmärschen zugegen, sondern auch seit 2016 Betreiber des Neonazi-Musiklabels „Wewelsburg Records“, welches zuvor jahrelang von Hendrik Stiewe betrieben wurde. „Wewelsburg Records“ vertreibt vor allem Produktionen von RechtsRock-Bands aus den Reihen der elitären Bruderschaft „Hammerskins“. Nicht verwunderlich, denn Stiewe gehört dem „Chapter Bremen“ der „Hammerskins“ an. Auch der nun für das Label verantwortliche Nils Budig wird der Neonazi-Bruderschaft zugerechnet.
Die Verbindung des „Kampf der Nibelungen“ zu der international vernetzten und konspirativ wirkenden Bruderschaft der „Hammerskins“ ist schon seit Jahren bekannt. Wie wir bereits in anderen Analysen zum KdN mehrfach erläuterten ist einer der Schlüsselfiguren des KdN kein geringerer als Malte Redeker, der lange Zeit als Chef der europäischen „Hammerskins“ galt. Er mietete in der Vergangenheit die Räumlichkeiten für den KdN an, fungierte als Ringrichter und betreute die KämpferInnen auf den KdN-Events. In Ostritz trat Redeker abermals – wenn auch im Hintergrund – als Strippenzieher des KdN in Erscheinung. Er reiste am Freitag an und kümmerte sich vor allem um die internationalen Neonazi-Kampfsportler.
Aus dem internationalen Netzwerk der „Hammerskins“ konnte ebenso der Spanier José Eduardo Chapela Herrero identifiziert werden. Dass er im „Team“-T-Shirt des KdN anreiste dürfte daran liegen, dass Chapela neben Redeker beim „Kampf der Nibelungen“ als Ringrichter wirkt, wie etwa 2016. Somit dürfte er in Ostritz eine Doppelfunktion gehabt haben, denn Eduardo „Chappe“ Chapela betreibt in Malgrat del Mar, nördlich von Barcelona, das „Tattoo Thor“-Studio. Zwei große Rollkoffer die er in Ostritz mitbrachte, sowie zahlreiche Verweise in den sozialen Netzwerken lassen wenig Zweifel daran, dass er einer der angekündigten Tätowierer war, die in der Gaststätte des „Hotel Neisseblick“ ihre „Kunst“ darboten.
Chapela galt bis zu deren Verbot 2009 als Anführer der spanischen „Hammerskins“. Wie relevant dieser Ableger für das europaweite Netzwerk war zeigt eine Recherche zu einem RechtsRock-Konzert in Malgrat del Mar 2005, wo unter den 160 Konzertbesuchern auch 30 deutsche Neonazis zu finden waren, darunter u.a. Malte Redeker (siehe AIB Nr. 85 „Geringe Strafen im Prozess gegen spanische »Hammerskins«“). [1]
Sponsoren und Netzwerker
Ohne großen medialen Rummel schaffte es dagegen der fließend deutsch sprechende russische Hooligan, Neonazi und Gründer der Neonazi-Kampfsportpromotion „White Rex“, Denis Nikitin, auf das „Schild & Schwert“-Festival. Ob er selbst auf dem Turnier gekämpft hat, ist unklar. Sicher ist allerdings, dass er die Kämpfer aus den USA begleitete und als Aushängeschild von „White Rex“ fungierte. Bei den vergangenen Turnieren des KdN machte Nikitin zudem Ansprachen in Vorfeld des Kampfes und betonte dabei die Bedeutung des „pan-europäischen Netzwerkes“, welches sich durch Events wie den KdN verfestigen könne.
Neben Nikitins MMA-Promotion und Kampfsportmarke „White Rex“ war auch die Teilnahme Tomasz Skatulskys bereits im Vorfeld bekannt. Der in Frankreich ansässige Neonazi und Kampfsportler reiste ebenfalls am Freitag an, betrieb einen Stand seiner Kampfsportmarke „Pride France“ und absolvierte zudem auf dem Turnier am Samstag zwei Kämpfe.
Darüber hinaus war auch die extrem rechte Cottbuser Kampfsportmarke „Black Legion“ mit einem Verkaufsstand zugegen. Ein Bild zeigt die Betreiber und Models der Marke gemeinsam mit Deptolla, Nikitin und Skatulsky. „Black Legion“ ist schließlich wichtiger Sponsor des KdN und stellte auf vergangen Turnieren sogar eigene Teams. Martin Seidel, der für die Marke offiziell verantwortlich ist, war ebenso auf dem Festival. Allerdings wohl eher in der Funktion als Sänger der angekündigten „Überraschungsband“ – die RechtsRock-Kombo „Hausmannskost“.
Fehlen durfte auch nicht die „NS-Straight Edge“-Abspaltung des KdN-Teams in Ostritz. Diese tritt unter dem Namen „Wardon 21“ auf und war auf dem Festival durch Manuel Eder und Philipp Oertel vertreten. Das „Hotel Neisseblick“ dürften sie bereits aus dem Vorjahr kennen, denn „Wardon 21“ beteiligte sich im August 2017 ebenfalls am „2. Ostsächsischen Sport-und Familienfest“, welches auf dem Gelände ausgetragen wurde.
Spannend ist außerdem, dass Eder ebenfalls bei der NS-Hardcoreband „Terrorsphära“ spielt [2], die eigentlich für ein Konzert in der Nähe von Wroclaw/Polen für den 21. April angekündigt wurde. Mehrere Medien ließen allerdings schon Wochen vor dem Konzert, welches von der polnischen Sektion des „Blood & Honour – Combat 18“-Netzwerkes organisiert wurde, verlautbaren, dass dieses aufgrund öffentlichen Drucks nicht stattfinden werde. Tatsächlich hatten einige der angekündigten Bands im Vorfeld öffentlich abgesagt, dass Konzert wurde dennoch versucht durchzuführen, endete jedoch mit einem Großeinsatz bewaffneter Spezialkräfte der polnischen Polizei. Im Laufe der Durchsuchung des Konzertortes fanden die Behörden auch Drogen, wie polnische Medien berichteten. Soviel zu dem, von Eders „Wardon 21“ propagierten Leitspruch „Gesunder Geist, gesunder Körper“.
Eders und Oertels Präsenz auf dem „Schild & Schwert“ in Ostritz dürfte auch weniger ihrer Teilnahme als Kämpfer auf dem Turnier verschuldet gewesen sein. Wie schon auf anderen Events deutlich wurde, ist ihre Trainingsgruppe „Wardon 21“ fester Bestandteil der KdN-Struktur. Darüber hinaus gilt Eder international als Kontaktperson für die extrem rechten Kampfsportmarke „Greifvogel Wear“. Die Marke ist nicht nur Teil des Imperiums des in Südbrandenburg beheimaten Neonazi-Musiklabels „OPOS-Records“ von Sebastian Raack, sondern ist auch langjähriger Sponsor des „Kampf der Nibelungen“.
Auch wenn der Fokus Manuel Eders sicher beim Prestige-Objekt des Festivals, dem KdN, lag, wäre eine Teilnahme seinerseits als Tätowierer auch möglich. Sein derzeitiges Wirken als „Lehrling“ in den Tattoo-Studios „Schwarzblut“ in Dresden, wie auch „Eastfront Tattoos“ in der sächsischen Schweiz, würden dafür sprechen.
Letztlich war die KdN-Struktur in Ostritz mit der Bremer Neonazi-Marke „Sport Frei – Extremsport“ zumindest personell komplett. Bilder zeigen Henrik Ostendorf, Multi-Funktionär der Neonazi-Szene, beim Einweisen der Kämpfer am Tag des Turniers. Seine Marke „Sport Frei – Extremsport“ ist seit Anbeginn Sponsor des KdN.
Henrik Ostendorfs Bruder Hannes Ostendorf war dagegen mit seinen Neonazi-Bands „Kategorie C“ und „Nahkampf“, sowohl am Freitag, als auch am Samstag Teil der musikalischen Darbietungen.
Ob die aus Niedersachsen stammende extrem rechte Marke „Blutzoll“ für das Netzwerk des KdN von Nutzen sein wird, ist noch nicht abschließend beurteilbar. Die im Dezember 2017 angemeldete Marke trat eher spärlich mit einem eigenen Verkaufsstand auf dem Festival an, wobei die für die Kraftsportszene entworfenen Designs, mit Sprüchen wie „Du hat die Pflicht gesund zu sein“ durchaus an den schwer im Trend liegenden „NS-Straight Edge“-Gedanken andocken können.
Entscheidend für eine Teilnahme am Festival dürfte jedoch nicht die Produktauswahl von „Blutzoll“ gewesen sein, sondern der Markeninhaber Benjamin Punthöler. Dieser betrieb bis 2014 in Wolfenbüttel das Neonazi-Musiklabel „Old Honour New Hatred Records“ und wurde der „Blood & Honour“-Nachfolgestruktur „Honour & Pride“ zugerechnet. Wie auch andere Protagonisten von „Honour & Pride“, scheint sich Punthöler in den letzten Jahren dem Netzwerk der „Hammerskins“ angenähert zu haben. Bei einem sogenannten Zeitzeugenvortrag im Harz im Oktober 2015 deutet die Kontaktadresse „GedenkenHSN@…“ mit dem Kürzel „HSN“ auf die „Hammerskin Nation“. Der Kartenvorverkauf lief dabei über Punthölers Bankverbindung. [3] Dass Punthölers einzige Veröffentlichung seines ehemaligen Labels ausgerechnet die Band „Hammerhead“ aus Atlanta/USA war, verweist in eine ähnliche Richtung. „Hammerhead“ gelten als Band der US-amerikanischen „Confederate Hammerskins“ (CHS).
Die Kämpfer
Tomasz Skatulsky und „Pride France“
Wie bereits im Vorfeld von ihm selbst angekündigt, war der Franzose Tomasz Skatulsky einer der rund 20 Kämpfer auf dem Turnier in Ostritz. Dabei bestritt er zwei Kämpfe für sein Team „Pride France“. Das international besetzte Team von Skatulskys gleichnamiger Kampfsportmarke kann nicht nur auf Kämpfer wie Zoltan „Starec“ Suhajda aus Budapest/Ungarn blicken, sondern auch auf angehende Profi-Kämpferinnen wie Emma „Valkyrie“ Gongora.
Zwar nicht mehr unter dem Label von „Pride France“, sondern als „Team Valkyrie“ stand Gongora im Juni 2017 auf dem Neonazi-Kampfsport Event „Force & Honneur“ in der Nähe von Genf im Ring, wie auch beim „Kampf der Nibelungen“ 2017 in Kirchhundem.
Der Ungar Zoltan Suhajda und die in Marseille bei „Mondial Boxing“ trainierende Gongora fehlten jedoch auf der KdN in Ostritz.
Auch Gongaras Partner, der Thüringer Jörg Henning, ließ sich nicht blicken. Dabei gehört dieser eigentlich zum Kern der Trainingsgruppe „Wardon 21“.
Einen durchaus martialischen Eindruck hinterließen die Neonazis des Teams „Noricum“ aus Österreich. Während der Kämpfer des Teams, bekleidet im T-Shirt des „Team Greifvogel Wear“ schweigend und mit blutiger Lippe nach seinem Kampf das Festivalgelände verließ, flankierten ihn sechs ältere Neonazis, einheitlich bekleidet mit dem T-Shirt-Aufdruck „Noricum“ – eine Anspielung auf den keltischen Stamm der „Noriker“, die in der vor-christlichen Zeit große Teile des heutigen Österreichs beherrschten.
Wie Antifaschist_innen aus Österreich bereits am Tag des KdN-Turniers über die sozialen Medien verlautbaren ließen, handelte es sich bei der Gruppe um zum Teil bekannte rechte Fußballfans der Wiener Vereine SK Rapid und FK Austria. Hooligans die sich in den Reihen der extrem rechten Gruppen beider Vereine – „Unsterblich Wien“, „Eisern Wien“ und „Alte Garde Rapid“ – wiederfinden lassen.
Teile der Gruppe von „Noricum“, die es laut eigener Aussage erst seit 2018 gibt, hatten 2016 außerdem mehrfach Security-Aufgaben für Aufmärsche der extrem rechten „Identitären Bewegung“ (IB) in Wien übernommen. Darunter der langjährig aktive Neonazi Andreas Zepke. Dieser trat nicht nur auf Veranstaltungen der IB als Security auf, sondern arbeitete auch im Oktober 2015 als Security auf einer Kundgebung von HC Strache, dem Parteichef der rechtspopulistischen FPÖ.
Ein anderer mitgereister Neonazi des Teams „Noricum“ in Ostritz ist der Wiener André Emanuel Rauch. Er wird der Gruppe „Eisern Wien“ zugerechnet – ein Zusammenschluss aus Hooligans der Wiener Vereine SK Rapid und FK Austria. Rauch stand 2014 in Österreich vor Gericht. Er wurde im Oktober 2013 festgenommen, nachdem rund 30 Neonazis und Hooligans erst einen türkisch-kommunistischen Verein überfallen und danach das linke Zentrum „Ernst-Kirchweger-Haus“ (EKH) angegriffen hatten. Der Prozess gegen ihn und sechs weitere Angreifer aus dem Reihen des extrem rechten Fanclubs „Unsterblich“ endete mit Bewährungsstrafen für zwei der Angreifer. Rauchs direkte Beteiligung konnte vor Gericht nicht bewiesen werden.
Seine Beteiligung an Aufmärschen stellte er auch nach dem Prozess nicht ein. So war er im Juni 2017 einer der Teilnehmer des extrem rechten Aufmarsches der IB in Berlin. Nur einen Monat später reiste Rauch ins thüringische Themar zum „Rock gegen Überfremdung II“.
Neben Rauch trat ebenfalls der bekannte Wiener Hooligan und Neonazi Thomas Guzvan im T-Shirt von „Noricum“ in Ostritz auf. Zwar wird er dem Fanlager von SK Rapid zugerechnet, unterhält jedoch beste Kontakte zur „Blood & Honour“-nahen Hooligan-Gruppe „Unsterblich Wien“ des FK Austria, wie Recherchen österreichischer Antifaschist_innen ergaben. [4]
Wer in Ostritz für „Noricum“ im Ring stand, war bisher unbekannt. Wir fanden jedoch heraus, dass es sich bei dem Kämpfer auf dem Turnier des KdN um Roman Blaschek handelt. Dieser bestritt noch bis 2016 mehrere internationale Profi-Kämpfe im Bereich Freefight und wurde im Wiener Gym „Wolfs Kampfsportschmiede“ trainiert.
Aus Norddeutschland auf dem Turnier in Ostritz vertreten waren auch die bekannten Neonazis Dennis Mallow und Sören Radtke.
Mallow war Teil der Rostocker Neonazi-Gruppe „Nationale Sozialisten Rostock“, die seit ihrer eigenen Auflösung in 2011 unter dem Namen „Aktionsblog“ auftreten. Laut eigener Beschreibung handelt es sich bei dem „Aktionsblog“ um ein „Netzwerk und Zusammenschluss von völkisch- sozialistischen Aktivisten in Rostock und Umgebung“. Mallow betreibt seit Jahren Kampfsport und nahm auch im Mai 2017 an einem konspirativ organisierten Seminar des russischen Neonazis und „White Rex“-Promoters Denis Nikitin in Mecklenburg-Vorpommern teil.
Der in Schleswig-Holstein wohnhafte Sören Radtke ist nicht nur regelmäßig auf Aufmärschen und Konzerten der Neonazi-Szene zu finden, sondern gibt selbst Trainingskurse im „Nordic Sports-Club“ in Wilster. Für das dort beheimatete „Nordic Fight Team“ kämpfte er u.a. im September 2017 beim „Hamburg-Cup im Allkampf“. Wie das Recherche-Kollektiv „EXIF-Recherche“ bereits im Februar 2018 verlautbarte, beteiligte sich Radtke im November 2015 an der Zerstörung von Gedenkorten für die Opfer der terroristischen Neonazi-Zelle „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) in Hamburg-Steilshoop. [5] Erwartungsgemäß müsste sich der „Nordic Sports Club“ nach Bekanntwerden Radtkes extrem rechter Aktivitäten von ihm trennen – schließlich bietet er als Selbstbehauptungs-Trainer auch Kurse für Kinder und Jugendliche an. In einer Stellungsnahme des Gyms ist solch eine Konsequenz jedoch Fehlanzeige. Stattdessen wolle man Radtke „wieder auf den richtigen Weg“ bringen. Dass die sogenannte „akzeptierende Jugendarbeit“ eher das Gegenteil bewirkt, nämlich eine Festigung der Strukturen, dürfte in Hinblick auf dieses Konzept in den 1990er Jahren allgemein bekannt sein.
„Barbaria Schmölln“, „Team Eastfight“ und der „KSSV Zwickau“
Während Radtke wenig bemüht war beim Turnier des „Kampf der Nibelungen“ in Ostritz seine Teilnahme zu verschleiern, versuchten einige der Kämpfer aus Thüringen und Sachsen unerkannt zu bleiben. In einer größeren Gruppe von acht bis zehn Personen befanden sich u.a. Mitglieder des Thüringer Gyms „Barbaria Schmölln“.
Dabei handelte es sich um die bekannten Kampfsportler Martin Langner und Morris Saemann. Beide waren schon mit ihrem Team „Barbaria“ auf dem „Kampf der Nibelungen“ 2017 in Kirchhundem zugegen.
Wie wir bereits in unseren „Neuigkeiten von der Matte“ im November 2017 berichteten, fand in dem Gym in Schmölln u.a. im Oktober 2017 ein Selbstverteidigungskurs statt, der vorrangig von Neonazis besucht wurde. Etwa von dem heute in Thüringen wohnhaften Sebastian Dahl.
Martin Langner, der heute als Aushängeschild des „Barbaria Schmölln“ gilt, trat 2017 bereits bei renommierten Kampfsport-Events an. Etwa als Kämpfer des sächsischen „Shuri-Gyms“ bei der „11. German MMA Championship“ im April 2017 in Castrop-Rauxel oder bei „We love MMA“ in Hannover im Januar 2017. Nur knapp zwei Wochen nach seinem Kampf in Hannover nahm Langner gemeinsam mit anderen Neonazis aus Deutschland an dem jährlich stattfindenden, geschichtsrevisionistischen Leistungsmarsch „Ausbruch 60“ in Budapest/Ungarn teil. Der Marsch wird u.a. von der ungarischen „Blood & Honour“-Sektion organisiert.
Langners bisherige Karriere im Profi-Bereich bestritt er nicht nur durch die Hilfe von Gyms wie dem „Shuri Gym“ aus Westsachsen, sondern auch als Kämpfer des „Team Eastfight“, für das er auch in Hannover kämpfte.
„Eastfight“, bzw. „Eastfight Hatewear“ ist die Bekleidungsmarke des Neonazis und Boxsportlers Marco Hampel aus Zwickau und war auch als Sponsor auf den T-Shirts von Langner und Saemann in Ostritz abgebildet. Hampels extrem rechte Karriere führt bis Anfang der 2000er Jahre zurück. Er hatte nachweislich in der Baufirma des mutmaßlichen NSU-Unterstützers Ralf „Manole“ Marschner gearbeitet, wie zahlreiche andere Neonazis aus der Region.
Der von Marschner bis Anfang der 2000er Jahre ebenfalls in Zwickau betriebene rechte Szeneladen „The Last Resort-Shop“ heißt seit geraumer Zeit „Eastwear Department“. Dass Marco Hampel den Laden von Marschner übernahm und bis heute Geschäftsführer ist, verwundert uns nicht. Neben CDs einschlägiger RechtsRock-Bands findet sich im Laden ein breites Sortiment rechter Szeneklamotten wie „Thor Steinar“ und „Eastfight Hatewear“.
Die Verbindung von Hampels Marke zu den anwesenden Kampfsportlern in Ostritz wird auch anhand des „KSSV Boxclub Zwickau“ ersichtlich.
Denn gemeinsam mit Langner und Saemann vom „Barbaria Schmölln“ reiste auch Philipp Freund vom „KSSV Boxclub Zwickau“ – mutmaßlich als Kämpfer – zum Turnier des KdN in Ostsachsen an. Seinen letzten „großen Kampf“ absolvierte Freund im Januar 2016 beim „2. Heimkampf 2. Bundesliga 2015/2016“ in Chemnitz, ausgerichtet vom „Boxclub Chemnitz 94“.
In Ostritz wurde Freund von Steffen Reitberger begleitet, der beim „KSSV Boxclub Zwickau“ als Trainer mit C-Lizenz im Boxsport fungiert. Reitberger ist außerdem Mitglied der rechten Hooligan-Gruppe „A-Block“ des FSV Zwickau. Die „Fan“-Gruppe gilt in Zwickau als Anlaufstelle für Neonazis, vor allem aus der bis 2010 aktiven freien Kameradschaft „Nationale Sozialisten Zwickau“.
Einer dieser Gruppe, der Gitarrist der NS-Hardcoreband Sören Leibnitz, zog 2007 für den Aufbau dieser Kameradschaft extra aus Meuselwitz/Thüringen nach Zwickau. Dass er nun in Ostritz als Teil der Gruppe um Langner, Freund und Reitberger ausgemacht werden konnte, passt somit bestens. Denn auch Leibnitz ist Sportler und Anhänger des „A-Block“ in Zwickau.
Im „KSSV Boxclub Zwickau“ trainieren allerdings nicht nur Anhänger des „A-Block“, sondern eben auch der berits erwähnte Marco Hampel. Schon 2016 bewarb er Trainingkurse für Kinder im „KSSV Boxclub Zwickau“. Bilder in den sozialen Netzwerken zeigen ihn jüngst im Mai 2018, augenscheinlich als Leiter eines solchen Kurse. Im Oktober 2017 war Hampel ebenfalls als Vertreter des „KSSV Boxclub Zwickau“ beim „23. Boxturnier um die Pokale der Stadt Zwickau“ anwesend. Bedeutet dies, dass die Stadt Zwickau den Boxclub samt dessen einschlägig bekannten Klientel offiziell unterstützt? Nun, auf der Webseite des Boxclubs bedankt man sich jedenfalls bei der Stadt Zwickau „für die langjährige Sportförderung“.
Pikant ist darüber hinaus auch ein Vorfall aus dem Jahr 2014 im Zusammenhang mit der extrem rechten „Identitären Bewegung“. Denn die Räumlichkeiten des „KSSV Boxclub Zwickau“ dienten der Gruppierung als Trainingsstätte und Kulisse für eine ihrer Video-Blogs. Angeleitet vom ehemaligen sächsischen IB-Chef, dem Zwickauer Tony Gerber, lernten dort AktivistInnen der IB Selbstverteidigungstechniken. [6] Unter ihnen befand sich auch Martin Sellner, Kopf der IB in Österreich. Ein Übungsleiter des Boxclubs hatte die Räumlichkeiten an Gerber vermittelt.
Wie schon beim „Kampf der Nibelungen“ 2017 in Kirchhundem trat auch der Schweizer Kampfsportler und rechte Hooligan Roman Portner bei dem Turnier in Ostritz an. Der 27 Jahre alte Portner wird den Hooligans und Ultras der Gruppierung „187“ des FC Basel zugerechnet. Im November 2017 sollte er bei der Kampfsportveranstaltung „Swiss Las Vegas Evolution“ kämpfen, wurde allerdings nach Bekanntwerden seines Kampfes auf dem KdN von der Fightcard gestrichen.
„South Legion Fight Team“ aus Tschechien
Zwar nicht mit der erwarteten Delegation um Petr Beranek, Vit Mrakota und Tomas Dubsky aus dem Team „White Rex CZ“ angereist, kämpfte in Ostritz auch der Tscheche Daniel Hrubec. Unter dem Namen „South Legion“ firmiert das Team Hrubecs nicht nur auf offiziellen Kampfsportveranstaltungen, sondern ist auch der Name der rechten Hooligan-Gruppe aus České Budějovice (Budweis). Bei verabredeten Kämpfen gegen andere Hooligan-Gruppen wie auch im Ring finden sich dabei die selben Personen. Hrubec sagte nach seinem Kampf in Ostritz in einem Interview „Wo ist Schmerz, da ist Leben“ (sic!). Damit bezieht er sich vor allem auf die ideologische Grundlage der extrem rechten Kampfsportszene, die beschwört dass es „Kein Leben ohne Kampf“ gäbe.
Das „South Legion Fight Team“ trat zuletzt auch auf dem „Shuri Fight Club Zwickau“ im April 2018 mit dem Kämpfer Jakub Krut‘ko an. Zwar als Kämpfer des „Gladiators Gym“ angekündigt, trat Krut‘ko im Shirt der „South Legion“ auf. Sein auf der Brust tätowiertes Keltenkreuz – ein international verwendetes und in Deutschland strafbares Symbol der „White Power“-Bewegung – hatte Krut‘ko während seines Kampfes gegen Tim Richter ab geklebt.
Auch auf den Bildern der Fightcard retuschierte man sein Tattoo. Dem „Shuri Fight Club“, wie auch dessen Zögling Tim Richter scheint die Teilnahme von Neonazis nichts auszumachen. Schon im September 2015 kämpfte Richter gegen Tomas Dubsky, der dem tschechischen „White Rex CZ“-Team angehört. In diesem Rahmen trat der Tscheche als Kämpfer eines „Galdiators Gym Passau“ auf, was es augenscheinlich nie gab. Gemeint war wohl eher das „Gladiators Gym“ im tschechischen Třeboň, wo auch Jakub Krut‘ko trainiert. Ein im Vorfeld des Kampfes gegen Richter von Dubsky präsentiertes T-Shirt mit dem Aufdruck des „White Rex Cz“-Teams, verriet allerdings den tatsächlichen Hintergrund des Kämpfers.
Kämpfer des „Rise Above Movement“ aus den USA
Wie im Vorfeld angekündigt traten auf dem KdN-Turnier in Ostritz tatsächlich Kampfsportler aus den USA an. Recherchen ergaben, dass es sich dabei um bekannte Neonazis aus dem Süden Kaliforniens handelt, Protagonisten des „Rise Above Movement“ (RAM).
Das RAM entstand erst Anfang 2017 und nannte sich zwischenzeitlich auch „DIY Division“.
Amerikanische Journalist_innen bezeichnen sie als „Alt-Right Fightclub“. [7] „Alt-Right“ ist die Bezeichnung für den extrem rechten, aktivistischen UnterstützerInnen-Flügel Donald Trumps, vergleichbar mit der „Neuen Rechten“ in Europa. Stichwortgeber für die RAM war maßgeblich eben diese europäische „Neue Rechte“, die durch Gruppen wie die „Identitäre Bewegung“ geprägt wurde.
Die RAM besitzt in Kalifornien eigene Trainingsräume, in der sie vorrangig für den Straßenkampf trainiert. Die Gruppe entwarf Ende 2017 zudem eine eigene Bekleidungsmarke namens „Right Brand Clothing“. In ihrem Webshop finden sich auch Klamotten der ukrainischen Neonazi-Marke „Svastone“.
Im Laufe ihrer noch recht jungen Geschichte war die RAM 2017 bei allen größeren körperlichen Auseinandersetzungen im Rahmen von Aufmärschen der „Alt-Right“-Bewegung beteiligt. Etwa im März auf dem „Make America Great Again“-Aufmarsch in Huntington Beach/Kalifornien oder im August in Berkley/Virginia. Die Gruppe kooperierte dabei auch mit „Identity Evropa“, dem amerikanischen Ableger der „Identitären Bewegung“.
Bei den drei Vertretern der RAM in Ostritz handelte es sich um Robert Rundo, Ben Daley und einer noch unbekannten Person, die allen Anschein nach ursprünglich aus dem osteuropäischen Raum stammt. Während Daley bereits wegen des unerlaubten Tragens eines Revolvers kurzweilig in Haft saß, kann Robert Rundo dagegen auf eine Haftstrafe von 20 Monaten blicken. Er hatte 2009 in Queens/New York einen Mann lateinamerikanischer Herkunft mehrfach angestochen und schwer verletzt.
Erklärtes Ziel der RAM, wie auch ihrer Marke „Right Brand Clothing, ist es die „Jugend“ durch MMA wehrhaft zu machen um sich dem „linken Ansturm der Degeneration und der Drogenkultur, die durch sie beworben wird, entgegen stellen zu können“. Eine Floskel, die wir so oder so ähnlich in der Selbstbeschreibung aller extrem rechter Kampfsport-Marken wieder finden können.
Die RAM wolle expandieren und in Zukunft eigene Kampfsportler finanziell unterstützen. Ihre Präsenz auf dem „Schild & Schwert“-Festival in Ostritz kann somit als ein Schritt in diese Richtung betrachtet werden. Fleißig unterstützt werden sie dabei von Denis Nikitin, dessen Klamottenmarke „White Rex“ demnächst ebenfalls im Webshop von „Right Brand Clothing“ zu finden sein wird.
Ostritz war für die RAM jedoch nur eine Etappe auf ihrer „Europa-Tour“. Nur eine Woche später waren Rundo und Daley gemeinsam mit Denis Nikitin und Tomasz Skatulsky zu Gast in Kiew/Ukraine. Rundo wie auch Skatulsky nahmen dort nicht nur an einem von „Svastone“ veranstalteten RechtsRock-Konzert mit der deutschen NS-Hardcoreband „Brainwash“ teil, sondern kämpften auch im Rahmen eines Turniers des „Reconquista Club“. Das Neonazi-Gym wie auch die Marke „Svastone“ gelten als wichtige Unterstützer des faschistischen, ukrainischen Freiwilligen-Regiment „ASOW“.
Nach ihrem kurzen Aufenthalt in der Ukraine besuchten die RAM-Vertreter außerdem die faschistische Parei und Organisation „Casa Pound“ in Italien. Praktisch eine Reise zu den Zentren der neo-faschistischen, militanten Bewegung Europas, aus der die RAM sicherlich einiges an Inspiration für die Entwicklung ihres Zusammenschlusses in den USA mit nehmen wird.
Spannend ist ebenfalls der Bezug der RAM zu den „Hammerskins“, wodurch wieder ein Link zur deutschen Struktur des „Kampf der Nibelungen“ hergestellt werden kann, die bekanntlich von führenden „Hammerskins“ besetzt wird. Mindestens drei Mitglieder der RAM sind Anhänger der Neonazi-Bruderschaft, darunter Spencer Currie und Skyler Segeberg. Currie war ebenfalls an den Angriffen der RAM auf Gegendemonstrant_innen im Rahmen eines „Alt-Right“-Aufmarsches im April 2017 in Berkley beteiligt.
Sowohl Currie als auch Segeberg spielen in der Band „Hate your Neighbours“ aus Huntington Beach/Kalifornien, die als „Hammerskin“-Band gilt. So spielte die Band im Oktober 2016 auf dem „Hammerfest“ der „Confederate Hammerskins“ in Georgia, u.a. mit „Definite Hate“. In letzterer Band spielte auch Wade Michael Page, ein „Hammerskin“, der im August 2012 sechs Menschen in einem Tempel der Sikh-Glaubensgemeinschaft in Wisconsin erschoss und dann sich selbst richtete. Dies nur am Rande, um zu betonen wie gefährlich die Bruderschaft der „Hammerskins“ tatsächlich ist. [8]
Fazit
Wie bereits bei vergangenen Events unter der Flagge des „Kampf der Nibelungen“, fand man bei dem Turnier in Ostritz abermals eine brisante Mischung. Im Ring selbst standen mehrheitlich Personen aus der militanten Neonaziszene, sowie aus der personell deckungsgleichen organisierten Hooliganszene. Der Großteil der Kämpfer fiel schon vor Jahren durch Gewalttätigkeiten auf, besitzt eine Nähe zu dem in Deutschland verbotenen „Blood &Honour“-Netzwerk oder der konspirativ wirkenden Neonazi-Bruderschaft „Hammerskins“. Die Kämpfer wurden und werden mehrheitlich in „normalen“, d.h. nicht explizit rechten Gyms trainiert und bestritten international Amateur-und Profikämpfe im Bereich Muay Thai, K1 und MMA. Im Laufe der Professionalisierung der extrem rechten Kampfsportszene in den letzten zwei bis drei Jahren – durch Promotions wie den „Kampf der Nibelungen“ oder „White Rex“ und durch ein gesteigertes Selbstbewusstsein als Neonazis im Kampfsport – schufen sich viele der in Ostritz anwesenden Kämpfer eigene Strukturen. Beispielhaft stehen dafür Teams wie „Noricum“ aus Österreich, „South Legion“ aus Tschechien oder eben „Barbaria Schmölln“ aus Thüringen. Die exklusive Teilnahme an solchen Teams, das teilweise konspirativ wirkende Auftreten dieser und der ideologische Ansatz, sich für seine Identität und sein Land wehrhaft machen zu müssen, bezeichnete man in den 1990er Jahren als „Wehrsport“. Aus den sogenannten „Wehrsportgruppen“ entstanden nicht selten terroristische Vereinigungen.
Die länderübergreifende Vernetzung zwischen den Verbänden, die Konzepte eines „Pan-Europas“ und das Aufgreifen eines gesamtgesellschaftlichen Fitness-Trends lassen Neonazis progressiv und anschlussfähig wirken. Am Beispiel der in Ostritz anwesenden amerikanischen Neonazi-Gruppe „Rise Above Movement“ lässt sich außerdem verdeutlichen, dass Kampfsport nicht dem sportlichen Wettkampf dient, sondern um sich effektiv auf den Straßenkampf vorzubereiten.
Die Teilnahme am Netzwerk des „Kampf der Nibelungen“ kann außerdem als Art Ritterschlag innerhalb der rechten Szene gesehen werden. Elitebewusstsein und die Zugehörigkeit zu etwas „Großem“ schafft innerhalb der Szene eine persönliche Aufwertung.
Nicht nur in Hinblick auf eine Teilnahme als Kämpfer oder Kämpferin, sondern auch im Wirken hinter den Kulissen. Denn betrachten wir die Struktur des KdN, finden wir nicht nur ranghohe und einflussreiche Neonazis aus den Reihen der „Hammerskins“, sondern auch zahlreiche Betreiber von umsatzstarker RechtsRock-Labels und rechter Klamottenmarken. Der KdN bringt zusammen, was von Nutzen ist. Somit kann auch ein Markt reguliert, absteckt und Konkurrenz beseitigt werden. Schließlich geht es um nicht unbeträchtliche Beträge die mit solchen Events erwirtschaftet werden.
Nicht unbeachtet sollte aber auch die Verstrickung der Kleinstpartei „Die Rechte“ bleiben. Sowohl in der Struktur als auch im Ring sind zahlreiche Protagonisten der Partei involviert, die vormals in der militanten und 2012 verbotenen Kameradschaft „Nationaler Widerstand Dortmund“ beheimatet waren. Schließlich bietet der Status einer Partei rechtliche Freiräume und finanzielle Ressourcen, die sich der KdN zu nutzen machen kann. Anders herum kann „Die Rechte“ als authentisch wirkender Neonazi-Zusammenschluss potentielle AnhängerInnen rekrutieren.
Der „Kampf der Nibelungen“ hat ferner auch eine einende Funktion innerhalb der extremen Rechten. Auch wenn dies in Ostritz nicht sichtbar war, so stellt der KdN auch den Rahmen für andere Neonazi-Parteien wie „Der III. Weg“. Mehrfach nahmen Vertreter der Partei als Kämpfer an den Events teil. Schließlich ist Ertüchtigung und Wehrhaftigkeit ein wichtiger Punkt auf deren Agenda.
Andererseits vereinnahmt der KdN ebenso Gruppen wie „Wardon 21“, die in Deutschland als Ansprechpartner für die international wachsende „NS-Straight Edge“-Gemeinschaft gelten. Damit bedient der KdN nach außen auch eine Vorbildfunktion, die jüngere Neonazis erreichen kann. Statt sich auf Konzerten zu betrinken, wird Nüchternheit und soziale Kompetenz propagiert.
So schrieb ein Kämpfer des KdN 2017, der schwedische Neonazi-Blogger Marcus Follin, auf seinem Social-Media-Account:
„Für Nationalisten: (…) Seid so gut trainiert wie möglich; ein gesunder Geist in einem gesunden Körper (…) Zeigt niemals anti-soziales Benehmen. Trunkenheit, als Beispiel, ist niemals akzeptabel (…)“.
Wie dies auf Festivals wie dem „Schild & Schwert“, mit RechtsRock, Wein, Bier und Bratwurst einhergehen kann, bleibt das Geheimnis der rechten Szene.
Zumindest bemüht wirkt ein öffentliches Statement des KdN in den sozialen Netzwerken, dem Event in Ostritz positive Seiten abzugewinnen. Man habe schließlich „weiter an der Vernetzung unserer Gemeinschaft arbeiten“ können. Eine Vernetzung, die weit über die Kampfsportszene reicht, denn schließlich trafen sich in Ostritz auch Protagonisten des international agierenden „Blood & Honour“-Netzwerkes samt dessen bewaffneten Arm „Combat 18“. [9]
Das für Anfang Juni 2018 beworbene extrem rechte Turnier „Tiwaz“, welches mutmaßlich im Raum Chemnitz ausgetragen werden soll, stellt einen weiteren Schritt innerhalb der Vernetzung der Neonazi-Kampfsportszene dar. Alle relevanten rechten Kampfsportmarken und Promotions unterstützen das Event, welches jedoch konspirativer als in der KdN in Ostritz organisiert wird.
Und wieder werden wir auch dort genau hin schauen.
1. Antifaschistisches Infoblatt Nr. 85: „Geringe Strafen im Prozess gegen spanische »Hammerskins«“; antifainfoblatt.de/artikel/geringe-strafen-im-prozess-gegen-spanische-%C2%BBhammerskins%C2%AB
2. EXIF-Recherche: „Das NS-Hardcore Imperium“; exif-recherche.org/?p=1919
3. Recherche38: „Neonazis aus der Region organisieren Zeitzeugenvortrag im Harz; recherche38.info/2015/10/17/neonazis-aus-der-region-organisieren-zeitzeugenvortrag-im-harz/
4. Recherche Wien: „Unsterblich 1/2“; recherchewien.nordost.mobi/2015/02/unsterblich-wien-12/
5. EXIF-Recherche: „NSU-Gedenkort zerstört“; exif-recherche.org/?p=2039
6. ZDF-Magazin Frontal 21: „Die neue Bewegung der Identitären“; youtube.com/watch?v=9El7Ls-Klxo
7. Anti-Defamation League: „Rise Above Movement (R.A.M.)“; adl.org/resources/backgrounders/rise-above-movement-ram
8. Antifaschistisches Infoblatt Nr. 96: „Soundtrack zum Rassenkrieg“; antifainfoblatt.de/artikel/soundtrack-zum-rassenkrieg
9. Bellower-News: „Die Rückkehr von ‚Blood & Honour‘ und dem bewaffneten Arm ‚Combat 18‘“; belltower.news/artikel/die-rueckkehr-von-blood-honour-und-dem-bewaffneten-arm-combat-18-13545