[Original erschienen unter https://de.indymedia.org/node/5456] Die Scheune der Lohmeyers brannte komplett ab.
Bei dem Brand auf dem Forsthof der Familie Lohmeyer in Jamel (Landkreis Nordwestmecklenburg) verdichten sich offenbar die Hinweise auf einen rechtsextremistisch motivierten Anschlag. Die Polizei geht von vorsätzlicher Brandstiftung aus, Staatsanwaltschaft und Staatsschutz haben sich ebenfalls in die Ermittlungen eingeschaltet. Am Donnerstagnachmittag untersuchten Kriminaltechniker und ein externer Brandgutachter den Forsthof in Jamel.
Scheune brennt komplett nieder
Laut der Staatsanwaltschaft spricht der Tatort für sich. Auch Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU) ging in einer ersten Reaktion von einem Brandanschlag mit rechtsextremem Hintergrund aus. Dafür spräche das Engagement des Ehepaares Lohmeyer, so Caffier. Dennoch werde weiterhin in mehrere Richtungen ermittelt. Bei dem Brand in der Nacht zum Donnerstag wurde die 150 Jahre alte, reetgedeckte Scheune auf dem Forsthof zerstört. Es wurde niemand verletzt. Das 240 Quadratmeter große Gebäude war zur Brandzeit leer.
Feriengäste bemerken die Flammen
Dass nichts Schlimmeres passierte und die schnell herbeigerufene Feuerwehr ein Übergreifen der Flammen auf das nur etwa sechs Meter entfernte Wohnhaus verhindern konnte, ist wohl nur einem Zufall geschuldet. Ein Gast, der noch spät draußen saß, um nach Sternschnuppen Ausschau zu halten, bemerkte die Flammen und schlug Alarm. Außerdem habe der Mann einen Unbekannten bemerkt, der zügig das Grundstück verließ.
Polizei: Neue Eskalationsstufe
Angriffe auf das Ehepaar Lohmeyer gab es schon häufiger. Das Ehepaar wurde mehrfach für sein Engagement gegen Rechtsextremismus ausgezeichnet. Mal lag eine tote Ratte im Briefkasten, es gab Schmähungen, Anzeigen sowie Nötigungen durch abrupt bremsende Autos auf der Dorfstraße. Der lediglich einige Dutzende Einwohner zählende Ort gilt als von Neonazis dominiert. Dass trotz der Flammen und der Sirenen in den benachbarten Häusern der Rechtsextremen kein Licht anging, wertete Birgit Lohmeyer als Indiz dafür, dass man dort von dem Feuer offenbar nicht überrascht wurde. Die Lohmeyers bekommen nun Polizeischutz. Denn: Dieser Brandanschlag sei eine neue Eskalationsstufe, so die Polizei. Bis auf Weiteres sollen Streifenwagen für mehr Sicherheit sorgen. Auch das bevorstehende Festival gegen Rechtsextremismus in Jamel wird strenger als sonst bewacht sein.
Birgit Lohmeyer: Es geht um Leib und Leben
Dieses Mal gehe es um Leib und Leben, sagte Birgit Lohmeyer NDR 1 Radio MV. Sie sprach von einer beängstigenden Nacht. Die Lohmeyers sollen Ende des Monats den Georg-Leber-Preis für Zivilcourage bekommen – für ihr Auftreten gegen die in Jamel dominierenden Neonazis. Schon früher habe es nach Auszeichnungen verstärkt Drohungen gegeben, so Lohmeyer. Einschüchtern lasse werde sie sich nicht, sagte die Künstlerin. Sie denke gar nicht daran, wegzuziehen. Durch diese Aktion fühle sie sich nur noch bestätigt in ihrem Engagement gegen Nazis. Die Polizei rief Zeugen auf, Beobachtungen zu melden. Auch über die Internetwache könnten Hinweise unter www.polizei.mvnet.de gegeben werden.
Knobloch: Bessere Maßnahmen gegen Rechtsextreme
Die frühere Präsidentin des Zentralrats der Juden, Charlotte Knobloch, reagierte entsetzt: „Sollte sich diese Tat als eine politisch motivierte Aktion von Rechtsextremisten herausstellen, so wäre das ein erneuter fürchterlicher Beweis dafür, wie brandgefährlich im wahrsten Sinn des Wortes alte und neue Nazis sind.“ Knobloch forderte eine umfassende Strategie und konzertierte Maßnahmen gegen Rechtsextremisten. „Wenn sie es waren, die Birgit und Horst Lohmeyer angegriffen haben, dann haben sie uns alle angegriffen.“
„Jamel rockt den Förster“ am 28./29. August
Als Reaktion auf fortwährende Anfeindungen hatten Birgit und Horst Lohmeyer 2007 in dem von Neonazis dominierten Dorf das Festival für Toleranz und Demokratie „Jamel rockt den Förster“ ins Leben gerufen. Die neunte Auflage der nichtkommerziellen Musikveranstaltung ist für den 28. und 29. August auf dem alten Forsthof geplant. Dann soll auch der mit 10.000 Euro dotierte Georg-Leber-Preis für Zivilcourage der Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt überreicht werden.
Quelle: https://www.ndr.de/nachrichten/mecklenburg-vorpommern/Scheune-vom-Ehepaa…
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