[Original erschienen unter https://de.indymedia.org/node/26934] Rechte Kampfsportszene im Aufwind
Neben Rechtsrockkonzerten haben sich im Laufe der letzten Jahre auch Kampfsportveranstaltungen als identitätsstiftende Zusammenkünfte der Neonaziszene etabliert. Geboten wird den BesucherInnen solcher Events jedoch nicht ausschließlich Kampfsport, sondern auch die Möglichkeit, sich mit aktiven Neonazis aus ganz Europa zu vernetzen. Es liegt auf der Hand, dass solche sportlichen Aktivitäten von Neonazis mehr als nur eine Freizeitbeschäftigung darstellen. Während ein Rechtsruck durch Europa geht, trainieren Nazis zielgerichtet für die Auseinandersetzung mit den politischen Gegnern.
Da bei diesen Events Personen aus Rostock und Umgebung zuletzt kontinuierlich vertreten waren, lohnt es sich für uns, genauer hinzuschauen. In diesem Text werfen wir einen Blick auf ausgewählte TeilnehmerInnen aus Rostock und Umgebung sowie ihre Hintergründe und Strukturen.
Für mehr Infos und alle(!) Bilder: https://naziwatchrostock.blackblogs.org !
David Mallow und als Aushängeschild der europäischen Nazi-Kampfsportbewegung
Der in Biendorf aufgewachsen und mittlerweile in Güstrow lebende David Mallow wurde von klein auf durch sein Elternhaus völkisch und nationalsozialistisch geprägt. Schon im frühen Kindesalter begann er in Rostock beim Polizeisport Verein mit dem Muay Thai Training und nahm regelmäßig an Wettkämpfen teil. Während seiner Zeit in Biendorf trainierte Mallow in der kommunalen Sporthalle in der Hauptstraße 15. Doch auch nach seinem Umzug nach Güstrow verfügt Mallow über gute Trainingsmöglichkeiten und Trainingspartner, die es ihm ermöglichen auf hohem Niveau zu trainieren, ohne dabei seine faschistischen Ideologie verstecken zu müssen. Dies belegen Bilder von Ihm und seinen lokalen Trainingspartnern beim Sport in einem Güstrower Sportraum mit schwarz-weiß-roten Sturmhauben. [1][2] Durch seine rege Teilnahme als Wettkämpfer wurde Mallow im Laufe der letzten beiden Jahre eine Art „Aushängeschild“ der neuen europäischen Nazi-Kampfsportbeweg. Regelmäßig stieg er in der jüngsten Vergangenheit im Rahmen der deutsch-russischen Kollaboration Team „Kampf der Nibelungen-White Rex“, um den russischen Nazi-Hooligan Dennis Nikitin in den Ring, wie etwa mehrfach bei den „Kampf der Nibelungen“(KDN) Veranstaltungen 2017 und 2018, oder beim „Tiwaz“ im Juni 2018. [3][4]
David Mallow als Protagonist des Netzwerks „Aktionsblog“
Doch nicht nur sportlich beteiligte sich David Mallow an derartigen Veranstaltungen. Im Rahmen des „Schild und Schwert“-Festivals in Ostritz im November 2018 stellte er seine Struktur, das Nazi-Netzwerk „Aktionsblog“ (AKB) , mit ihrer Kampagne „Deutsche Jugend in die Offensive“, vor. [5] Der AKB ist vorrangig in und um Rostock aktiv. Eigene Aktionen und Texte ausgewählter anderer Gruppen werden über verschiedene Social-Media Kanäle verbreitet, wie etwa Facebook, Instagram, VK und einem eigens eingerichteten Blog. Das Netzwerk ging aus den “Nationalen Sozialisten Rostock” (NSR) hervor. Die NSR traten erstmals 2007 in Rostock öffentlich in Erscheinung. Bis heute publiziert der AKB in regelmäßigen Abständen unter dem Label “NSR” Beiträge.[6]
Inhaltlich distanziert sich der AKB offensiv vom so genannten rechten “Szene-Sumpf”. Stattdessen werden Kampfsport, Drogenfreiheit, Männlichkeit und Ökologie propagiert. Ein wiederkehrendes Motiv ist dabei der Kampf um einen vermeintlichen “Nazikiez” im Rostocker Nordwesten.[7] Außer ein paar wenigen Plakaten, Stickern und Flyern, ist vom selbst ausgerufenen „Nazikiez“ jedoch nicht viel zu merken. Statt auf politische Nachhaltigkeit setzte der AKB auf gezielte Provokation. Die über ihre Kanäle veröffentlichte Propaganda zeigte zum Beispiel, wie vermummte Nazis eine Antifa-Fahne vor einer rostocker Jugendbegegnungsstätte verbrennen, oder durch die Rostocker KTV spazieren (Mehr dazu: https://de.indymedia.org/node/21126). [8][9] Nach kurzer Aufmerksamkeit verglühte die politische Beachtung für diese Aktionen zumeist schnell und so blieben oft nur ein paar Klicks, gestellte Fotos und kurze Berichte für das eigene Klientel übrig.
Kontinuität legt der AKB bei Bildungsveranstaltungen und Sport-Workshops an den Tag. Gezielt versucht der AKB Neonazis jene Werkzeuge und Fähigkeiten zu vermitteln, um ein menschenverachtendes Weltbild mit Gewalt auf der Straße durchsetzen zu können. So organisierte der AKB Schulungen zu verschiedenen Themen aus den Themenfeldern Repression, Sicherheit und Aktionismus. Weiterhin wurden Kampfsport-Seminare mit prominenten Gästen, wie etwa dem „White Rex“-Gründer Dennis Nikitin, organisiert. [10][11] Dabei lässt der AKB keine Trainingseinheit aus, um sich medial in Szene zu setzen. So muss David Mallow beispielsweise häufig für Fotos und Videos zur politischen und sportlichen Propaganda herhalten.
Unterstützung durch Rostocker Nazi-Hooligans
Support bei der Vorbereitung und am Wettkampftag selbst erhielt der Kämpfer David Mallow zuletzt durch Helge Wolfinger, welcher beispielsweise beim „Schild & Schwert Festival“ im Oktober 2018 als Fahrer und Betreuer fungierte. [12][13] Für den moralischen Support, beispielsweise beim „Tiwaz“ im Juni 2018, reisten unter anderem Falko Schubert, Ivo Studzinski und der im Sicherheitsgewerbe tätige Maschinenbau-Student Georg Helm mit. [14][15] Alle benannten Akteure fielen in der Vergangenheit, durch ihre kontinuierliche Teilnahme an den regelmäßig stattfindenden AfD-Aufmärschen in Rostock auf. Mit dem Beginn der AfD-Mobilisierung gegen die sogenannte „Flüchtlingskrise“ im Sommer 2015 kristallisierte sich ein Personenkreis um die oben genannten Akteure heraus. Dabei kam es im Mai 2018 im Rostocker Stadtteil Lütten Klein, durch Teile dieser Personengruppe zu einem Übergriff auf einen Pressevertreter. [16][17] Als Nazi-Hooligans können ungefähr 15 Personen benannt werden, welche zum Teil auch zusammen Kampfsport trainieren. Im Laufe der letzten Jahre politisierte sich diese Gruppe zunehmend. Als wesentlich verantwortlich für die Politisierung dieser Personen kann David Mallow bezeichnet werden. Dieser fungiert als Bindeglied zwischen organisierten Nazistrukturen und gewalttätigen Kampfsportlern. Dabei entdeckte die Gruppe zuletzt auch zunehmend klassische Betätigungsfelder von Neonazis wie etwa Angriffe und Einschüchterung auf Linke oder andere politische Gegner. Von einer klassischen Kameradschaft kann jedoch nicht gesprochen werden. [18][19]
Ausblick: Kampfsport und die rechten Einheitsfront in Rostock
Neonazis betreiben Kampfsport nicht rein zufällig. Rechte Kampfsport-Events und die Präsenz rechter Kader in Kampfsportvereinen sind zielgerichtete, strategische Handlungen. Zum einen ist es das Ziel, Sportler zu politisieren. Zum anderen aber auch immer darum, bereits politisierten Gewalttätern Trainingsmöglichkeiten zur Verfügung zu Stellen, um ihre menschenverachtende Ideologie auf der Straße effektiver durchsetzen zu können. Ein Blick auf die Strukturen und Akteuren aus dem Raum Rostock verdeutlicht, wie sich im Laufe der letzten Jahre eine neue rechte „Einheitsfront“ gebildet hat, bestehend aus AfD, klassischen Kameradschaften und Nazi-Hooligans. Zwar distanziert sich beispielsweise der AKB von der so genannten „konservativen Revolution“ der AfD, doch sind es eben jene Nazis des AKB und Nazi-Hooligans, die verlässlich den gewalttätigen Arm der AfD in Rostock stellen.[20] Kampfsport ist dabei ein essenziell identitätsstiftendes Element; bringt es doch alle unter dem scheinbar unpolitischen Geist des Sportes zusammen. Das in der Konsequenz Hetzjagden auf Migranten und Journalisten stehen, wird dabei oft vergessen. Es muss uns daher ein wichtiges Anliegen sein, Nazis ihre Rückzugsräume und Trainingsmöglichkeiten zu nehmen, Nazi-Strukturen in Kampfsport-Vereinen offenzulegen und sie nicht unbehelligt für ihr menschenverachtendes Weltbild trainieren zu lassen.
Keine Trainingsräume für Nazis!
https://naziwatchrostock.blackblogs.org
Demo- und Veranstaltungsbilder-Quellen:
https://www.flickr.com/photos/145027352@N06/albums
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