Am 14.06.2017 fand in Greifswald eine erfolgreiche Sponti, für die Betroffenen von Nazigewalt in Burg Stargrad und Anklam statt. Über Demokonzepte wird ja regelmäßig gestritten. Sie sind oft Punkt langwähriger Debatten und (Soll-)Bruchstelle für breite Bündnisse. Über die Frage ob es gut ist eine Demo anzumelden wurde früher mehr diskutiert, wir wollen hier nur ganz kurz analysieren warum es Sinn und viel Spaß machen kann, dem Staatsaparat nicht mitzuteilen was mensch plant.
1. Ausgangssituation
Die nächste Großstadt ist mindestens 100 km entfernt. Wir befinden in Greifswald, 60 000 Einwohnende davon etwa ein Fünftel Studis. Am Wochenende erreichen uns Meldungen von einem Buttersäureangriff auf den Ort eines geplanten Punkkonzerts in Burg Stargrad und ein Angriff mit Moltowcocktails auf ein Jungendzentrum in Anklam.
Beide Städte verfügen über kaum weitere linke Infrastruktur und haben eine große gewaltbereite Naziszene. Es ist also nicht ohne weitere Planung möglich mal eben hinzufahren. Also entscheiden wir uns innerhalb unserer Freund*innenkreise die Idee einer Sponti zu verbreiten. Währenddessen wird am Marktplatz eine Kundgebung „Solidarität für Anklam und Burg Stargard“ angemeldet. Wir entschließen uns da mal vorbei zu schauen …
2. überforderte Dorfbullen
Sie Kundgebung ist ganz nett, aber nicht weiter spekatakulär. Es ist nachmittags, gegen 18 Uhr. Greifswald wirkt verschlafen nur eine Wanne steht 100 Meter entfernt. Der Auszubildende beim Staatsschutz schnackt fröhlich mit den Dorfbullen. Die Kundgebung löst sich auf..
Und wir? Wir schnappen uns uns ein paar Leute und Transpi’s und laufen einfach mal los. Überraschenderweise kommt fast die gesamte Kundgebung mit, etwas mehr als 100 Leute. Vollkommen ohne Bullenbegleitung laufen wir durch die Shoppingmeile Greifswald’s. Phlipp Lehm, Burschi und IB-Symphatisant, bekommt etwas Schnappatmung und versteckt sich hinter seinen Freunden. Es geht weiter kreuz und quer durch die Innenstadt. Die Bullen haben längst Verstärkung gerufen. Mit zwei Wannen probieren sie mehrmals uns den Weg abzuschneiden. Es gelingt ihnen aber nie so recht. Das Baustellenchaos und die engen Straßen machen es für sie kompliziert. Zunehmend ungehalten werden sie, als wir eine der Hauptverkehrsstraßen durch den Demozug blockieren. Sie haben aber keine Chance: Quer stehnde Bullenkarren werden von uns mit einem breiten Grinsen umflossen. Wie in einem GTA Spiel sammeln wir immer mehr Sterne. Kurz vor der Hauptkreuzung probieren sie uns, es sind inzwischen um die 20 Bullen, 7 Wannen und ein Mottorad, uns zu stoppen. Abermals werden sie einfach umflossen. Die Stimmung ist zunehmd gereitzt. Ein Bulle fuchtelt schon bedrohlich und gleichzeitig ungelenk mit einem Pahllussymbol herrum. Bevor er sich damit verletzt oder die Dorfbullen noch jemaden von uns herausziehen, verstreuen wir uns.
3. Fazit
Es ergibt immer noch Sinn den Staatsaperrat im Dunkeln zu lassen. Wir können_wollen das natürlich nicht für alle Demos sagen, aber unter den spezfischen Bedingungen in Kleinstädten sollten wir das ruhig öfter machen. Denn wir kennen natürlich unseren Kiez und damit all die Abkürzungen und mögliche spannende Routen. Und die Bullen kommen gerade in Kleinstädten natürlich schnell an ihre Kapazitätsgrenzen, personell und organisatorisch. Und last but not least: es hat unglaublich viel Spaß gemacht. Laut zu sein, kämpferisch zu sein, das Gefühl zu haben sich wirklich die Straße anzueignen und die Cops zu verwirren. Unsere antagonistische Position gegen die Vehältnisse, unter denen Nazis Jungenzentren anzünden, ist so gut zum Ausdruck gekommen.