Wir rufen für den 03.03.2017 auf, um 16:00 Uhr den politischen Kampf von Geflüchteten, die im gefängnisähnlichem Lager in Nostorf-Horst untegebracht sind, zu unterstützen. Das seit den frühen 1990er Jahren in einer ehemaligen Kaserne bestehende Flüchtlingslager in Nostorf-Horst wurde seitdem immer wieder wegen der dort vorherrschenden inhumen Bedingungen kritisiert. Der Alltag im Lager sind geprägt durch eine katastrophale Gesundheitsversorgung (infolge dieser erlitt 2010 eine Bewohnerin eine Totgeburt), schlechte Ernährung, kaum vorhandene Bildungsangebote, verweigerte Besuchsrechte und permanente Kontrolle durch den privaten Sicherheitsdienst „Exsiro“. Die Isolation in der Abgeschiedenheit Mecklenburg-Vorpommerns führt dazu, dass dort untergebrachte Geflüchtete fernab von sozialem Leben keinen Kontakt zu Communitys, Unterstützer*innen, Anwält*innen haben und alleine der Praxis der rassistischen Asylpolitik ausgesetzt sind.
Sie müssen zum Teil bis zu acht Monate unter der Kontrolle des BAMF leben, ständig in der Angst, abgeschoben oder in ein anderes EU-Land zurückgeführt zu werden. Dieses Lager ist charakteristisch für das deutsche Asylsytem, in dem Gefüchtete in einer totalen Institution verwaltet werden. Diese Zustände sind kein Zufall: sie dienen dem Ziel, eine möglichst geringe Anerkennungsquote zu produzieren.
Durch den zermürbenden Lageralltag in der Isolation wird das Ziel verfolgt, keine Anreize zum bleiben zu liefern. Ebenso können Abschiebungen und EU-Rückführungen so von jeder Öffentlichkeit unbemerkt durchgeführt werden. Horst wird von Hamburg mitgenutzt, Mecklenburg Vorpommern dient es zudem noch als Abschiebelager. Ein großer Teil der dort Untergebrachten haben eine „geringe Bleibeperspektive“oder wartet auf die Rückführung in ein anderes EU-Land, was oftmals der Abschiebung gleichkommt. (Viele andere EU-Länder schieben dann in die Herkunftsländer ab)
Vor einigen Tagen haben Geflüchtete in Horst angefangen, gegen die vorrherschende Bedingungen zu protestieren. Sie wollen diese katastrophalen Lebensbedingungen nicht mehr akzeptieren, ebensowenig die Gefahr, Abgeschoben zu werden. Sie brauchen gute medizinische Versorgung und sichere Perspektiven. Folgende Erklärung mit Forderungen stellen sie an die Verantwortlichen:
„Das Flüchtlingslager in Nostorf-Horst ist isoliert, weit entfernt von Städten und ohne Möglichkeiten Kontakt zu Anwält*innen, unabhängigen Berater*innen, Ärzt*innen, Unterstützer*innen und sozialen Organisationen, sowie Communitys aus den Herkunftsländern aufzunehmen. Gefüchteten, insbesondere neu in Deutschland angekommenen, wird es so erschwert, ihre Rechte wahrzunehmen. Deutschland hat die meisten internationalen Menschenrechte anerkannt und zugestimmt, sie im deutschen Recht zu verankern.
Die Situation in Horst steht im konkreten Widerspruch dazu. Deshalb muss das Lager geschlossen werden. Bis zu diesem Zeitpunkt müssen folgende Dinge schnellstens geändert werden:
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Isolation
Die Isolation muss beendet werden. Geflüchtete müssen Besuch empfangen dürfen, so Unterstützer*innen, Geflüchteten-Organisationen und Freunde. Zur Verbesserung der Mobilität müssen in Horst lebende Gefüchtete Monatskarten für den Öffentlichen Nahverkehr bekommen, damit sie überhaupt Anwält*innen, Berater*innen, Ärzt*innen und andere Organisationen wie Communitys besuchen können.
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Medizinische Versorgung
Die Kommunikation zwischen Geflüchteten und Ärzt*innen im Lager ist kaum möglich und benötigt eine starke Verbesserung. Dazu müssen Dolmetscher*innen beauftragt werden, die während der Praxiszeiten der Ärzte zur Verfügung stehen.Die Ärzt*innen sollten den Geflüchteten auch zuhören und nicht die ärztlichen Unterlagen von Ärzt*innen aus anderen Ländern ignorieren, nur weil sie in einer anderen Sprache sind. Diese Unterlagen müssen übersetzt werden und ihr Inhalt sollte Grundlage der Behandlung sein. Wenn es notwendig ist, muss zu Spezialist*innen außerhalb des Lagers überwiesen werden.
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Ernährung
Es müssen Möglichkeiten zum selber Kochen geschaffen werden. Schnellstmöglich vor allem für:
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schwangere Frauen
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für Kinder
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für kranke Menschen
Das angebotene Essen ist nicht gesund und muss besser werden. Das Essen soll frischer sein und mehr Gemüse enthalten und es sollte eine Abwechselung im Angebot geben. Es sollte möglich sein, essen mit auf die Räume zu nehmen, für Kinder, Schwangere und alle anderen auch. Geflüchtete sollten nicht für eine zustätzliche Portion Geld bezahlen müssen. Auch nicht, wenn mal ein Glas kaputt geht oder ähnliches…
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Freies Wifi in allen Gebäuden für 24 Stunden
Falls das nicht möglich ist, sollte die Kantine Tags und Nachts zugänglich sein. Das Problem zugang zu Internet zu bekommen muss gelöst werden.
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Bildungsangebote und Lehrer*innen für deutsche Sprache:
Qualifizierte Lehrer*innen für Erwachsene und reguläre Beschulung für Kinder außerhalb des Lagers müssen vorhanden sein.
Wir verlangen als Menschen respektiert und behandelt zu werden und eine Anerkennung unserer Menschenrechte zu erfahren.“
(Geflüchtete aus Horst, 2.2017)
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Hiermit rufen wir alle auf, diesen Protest am 03.03. um 16:00 Uhr vor dem Flüchtlingslager Nostorf-Horst zu unterstützen und somit der isolierenden Wirkung dieses Lager etwas entgegensetzen.
Anreisen könnt ihr am besten mit PKW, Adresse: Nostorfer Straße 1 in 19258 Nostorf. Bildet Fahrgemeinschaften! Solltet ihr mit öffentlichen Verkehrsmitteln anreisen passt auf euch auf, in Boizenburg u. Umgebung gibt es aktive Nazis.