Bereits am 7. und 8. Januar 2015 fanden zwei weitere Prozesstage im Thiazi-Verfahren am Landgericht Rostock statt. Viel Neues brachte die Verhandlung an diesen beiden Terminen nicht hervor, noch immer stand das Verlesen der 853 Seiten umfassenden Anklageschrift auf dem Plan. Dafür versprechen die nächsten Termine spannend zu werden: Drei der vier Angeklagten wollen sich zu den Vorwürfen äußern.
Den Großteil der beiden Verhandlungstage nimmt erneut das weitere Verlesen der Anklageschrift in Anspruch. Zur Erinnerung: Die Anklage lautet auf mitgliedschaftliche Beteiligung in einer kriminellen Vereinigung (§129 Abs. 1 Var. 2 StGB) und Volksverhetzung in mehreren hundert Fällen. Den Angeklagten – Klaus-Werner Ruthenberg aus Barth (Mecklenburg-Vorpommern), Daniela Wagner aus Untereisesheim (Baden-Württemberg), Dominik Schuster aus Karlsruhe und Denny Stetefeld aus Bad Lauchstädt (Sachsen-Anhalt) – wird vorgeworfen, von ihren Betreuerrechten keinen Gebrauch gemacht zu haben, um entsprechende volksverhetzende Beiträge, Songtexte und digitale Musikspeicher zu löschen oder zumindest zu sperren; vielmehr sei es ihnen sogar darum gegangen, diese zugänglich zu machen. Im Fokus stehen dieses Mal sowohl das Musikarchiv, das auf eine Idee von Ruthenberg und Wagner zurückgehen soll und in dem Fördermitglieder je nach Höhe ihrer Spenden unterschiedlich viele Audiodateien herunterladen konnten, als auch ein Teilbereich des Forums, in dem ausschließlich indizierte Musik aufgeführt und teilweise mit einem entsprechenden Download-Link versehen wurde. Die Idee zu der Indexliste soll laut Staatsanwaltschaft Stetefeld gehabt haben, der auch maßgeblich für die Erstellung der Beiträge verantwortlich zeichnete, während Wagner für die technische Umsetzung zuständig war.
Gegen Ende des vierten Verhandlungstages wird es dann noch einmal spannend: Die beiden Anwälte von Ruthenberg, Rechtsanwalt Held und Junge, stellen einen Antrag auf Einstellung des Verfahrens. Sie wollen einen Verfahrensfehler geltend machen: Ihrer Meinung nach ist das Nicht-Vorlesen der englischen Songtexte (diese waren jeweils entsprechend übersetzt wiedergegeben worden) nicht vom Eröffnungsbeschluss gedeckt. Mitunter sei die Übersetzung nach Auffassung der Anwälte zudem fehlerhaft. Im Sinne der Klarstellungsfunktion der Anklageschrift und mit Blick auf den Tatvorwurf, das die Inhalte von der Belegschaft zumindest gebilligt worden wären, seien diese Einwände von erheblicher Bedeutung. Die Anwälte von Wagner und Stetefeld schließen sich dem Antrag an, hilfsweise sei statt der Einstellung des Verfahrens die Anklageschrift nochmals in Gänze vorzulesen. Der Richter weist den Antrag wenig überraschend als unbegründet zurück, das Nicht-Vorlesen der englischen Songtexte stelle kein Verfahrenshindernis dar, die Informations- und Klarstellungsfunktion sei auch so gegeben. Überdies sei die Verfahrenssprache deutsch, selbst wenn die urkundlichen Belege in nicht-deutscher Sprache vorliegen. Bereits bei den vergangenen Prozesstagen schien es, als hätte der Richter für derlei Verzögerungen keine Geduld.
Zuletzt werden die Angeklagten noch über ihre üblichen Rechte belehrt und nach ihrem Willen, zu den Vorwürfen auszusagen, gefragt. Wagner, Schuster und Stetefeld wollen aussagen, Ruthenberg hingegen nicht. Dies ist insofern verwunderlich, als Letzterer bei den Ermittlungsbehörden umfangreiche Aussagen gemacht und bereitwillig kooperiert hat, ebenso wie Wagner. So oder so versprechen die nächsten Verhandlungstage spannend zu werden. Kommende Termine sind der 27., 28. und 30. Januar 2015.